messung

Teilprojekt: Entwicklung der 3D-Kontaktflächen, analytische Prüfung der Gewebeflächen und Charakterisierung des Sorptionsverhaltens, Entwicklung geeigneter Rezepturen für die funktionale Textilkonfiguration im 3D-Gewebe


ZIM ZF4250105SL7


Abstract
Eine nachhaltige Alternative zum üblichen Wand-/Deckenbaustoff Gips/Gipsputz stellt der Baustoff Lehm dar, da er für eine passive Klimatisierung sorgt. In Lehmwänden/-putzen kommt es allerdings mit der Zeit zu Rissbildungen. Zur Rissvermeidung kann in einem zusätzlichen Arbeitsgang ein Armierungsgewebe eingeputzt werden. Für eine Abdeckung käme nur eine Tapezierung infrage, was jedoch den Klimatisierungseffekt zerstören würde. Daher haben sich die Projektpartner das Ziel gestellt, sowohl eine neuartige textile Tapete als auch den hierzu passenden Kleister zu entwickeln, welche die Absorptions‑ und Desorptionseigenschaften des Lehms erhalten und gleichzeitig eine hochwertige Raumgestaltung ermöglichen.

The building material clay represents a sustainable alternative to the usual wall/ceiling building material gypsum/gypsum plaster, as it provides passive climate control. In clay walls/plasters, however, cracks can form over time. To prevent cracking, a reinforcing fabric can be plastered in as an additional step. For a covering, only wallpapering would be an option, but this would destroy the air-conditioning effect. For this reason, the project partners set themselves the goal of developing both a new type of textile wallpaper and the appropriate paste that would preserve the absorption and desorption properties of the clay, while at the same time enabling high-quality interior design.


Aufgabenstellung
Eine ökologisch nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Baumaterialien stellt der Baustoff Lehm dar. Er unterscheidet sich in Bezug auf Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Sein erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. So nimmt Lehm unter hohen relativen Luftfeuchtigkeiten Wasserdampf auf und gibt ihn bei niedriger Luftfeuchte wieder ab. Dadurch hält sich die Luftfeuchte in Lehm-basierten Räumen in einem idealen Luftfeuchtigkeitsgleichgewicht von 45 % bis 55 %. Allerdings bestehen für den flächendeckenden Einsatz von Lehmbaustoffen noch folgende Hindernisse:

  • Der Aufbau von Lehmwänden ist mit langen Trocknungszeiten verbunden. Ästhetische Nachteile entstehen durch unumgängliche Rissbildung bei saisonalen Temperaturschwankungen. Sie bedingen das zusätzliche Einputzen eines Armierungsgewebes.
  • Eine Alternative stellen Lehmbauplatten dar. Aber auch bei der Arbeit mit vorgefertigten Platten müssen die Fugen verputzt/verspachtelt und anschließend Putzgewebe flächig oder partiell eingearbeitet werden. Nachdem die erste Putzebene mit dem Putzgewebe etwas angezogen hat, kann die letzte Putzschicht aufgebracht werden.

Im Projekt sollte daher ein finales Oberflächenmaterial entwickelt werden, das auf die trocken verbauten Lehmplatten appliziert werden kann und welches einerseits die Rissspannungen in den Fugenbereichen kompensiert, andererseits auch optisch eine finale Oberfläche bietet. Paral­lel dazu stand die Aufgabe, einen hierzu passenden Kleister zu entwickeln.


Lösungsweg
Die Projektpartner entwickelten sowohl eine textile, gewebte Tapete als auch einen hierzu passenden Kleister.
Auf der Basis von definierten Zielparametern (bspw. in Bezug auf Sorptionsverhalten, Maßänderung bei Feuchteeinfluss, fungizide Beständigkeit, Schnittkantenstabilität) wurden unterschiedliche textile Grundmaterialien (Natur‑ und Chemiefasern) betrachtet und Webversuche durchgeführt.

Es wurden Textilveredlungsprozesse entwickelt, mit welchen die Gewebeeigenschaften weiter für ihren Einsatzzweck optimiert werden können. So wurden Beschichtungen zur Erhöhung der Hydrophilie für die Gewebe aus Chemiefasern erarbeitet und die Durchscheinigkeit bei hellen Farben ebenfalls durch Auftrag einer Beschichtung beeinflusst. Die Farbgebung wurde vollflächig uni gefärbt und partiell Ink-Jet-bedruckt getestet. Die Kleisterentwicklung erfolgte durch den Projektpartner Grünewald Planen.Bauen.Leben.


Ergebnis und Anwendungen
Das im Projekt entwickelte System aus Textiltapete und Kleister verringert die Anzahl der bisher notwendigen Arbeitsschritte im Lehmbau – insbesondere zur Vermeidung von Rissen im Fugen­bereich von Lehmplatten. Die Anforderungen an die Wasserdampfsorptionsklasse WS II wurden von den an der Materialforschungs‑ und ‑prüfanstalt der Bauhaus-Universität Weimar geprüften Applikationsmustern erfüllt. Dadurch ist es möglich, dekorative Tapeten als finale raumseitige Oberflächen an Lehmuntergründen anzubringen, ein flächiges, rissüberbrückendes Gewebe-Armierungssystem zu installieren, sowie die benötigte Lehm-Schichtstärke deutlich zu reduzieren, da auf einen Lehmoberputz verzichtet werden kann. Daraus folgen:

  • finales raumseitiges Oberflächenfinish in einem Arbeitsschritt
  • Verringerung der Baukosten
  • vollflächige Vorbeugung von Rissen an Bauteilen
  • Verringerung der Trocknungszeit und der erforderlichen Hauslüftung während der Bauzeit
  • Etablierung von Lehm als massentaugliches Baumaterial, das nun auf ähnliche Art und Weise tapeziert werden kann wie konventionelle Bauuntergründe
  • Erweiterung der Palette innovativer Materialien im Innenausbau

 Abb. 1: Ink-Jet-bedruckte textile TapetenbahnAbb. 1: Ink-Jet-bedruckte textile Tapetenbahn

Ansprechpartner
Heike Oschatz
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Projektpartner

Gebrüder Munzert GmbH & Co. KG
Grünewald Planen.Bauen.Leben
Materialforschungs‑ und ‑prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar