Aufgabenstellung
Für die Herstellung von Smart Textiles ist es oft erforderlich, elektronische Bauelemente auf textilen Flächen zu integrieren. Eine Möglichkeit der Einarbeitung von Leiterbahnstrukturen ist das Aufsticken von elektrisch leitfähigen Fadenmaterialien an einer Stickmaschine auf geeigneten Stickgrundmaterialien. Diese Stickgrundmaterialien müssen den speziellen Anforderungen zur Kontaktierung der mikroelektronischen Bauelemente genügen. Die Kontaktierung soll mit dem in der Elektronikindustrie üblichen Reflowlötverfahren realisiert werden, bei dem die textilen Leiterplatten auf einem Transportband Bereiche mit verschiedenen Temperaturzonen durchlaufen. Hierbei treten Temperaturen von bis zu 230 °C über einen Zeitraum von mehreren Minuten auf. Deshalb ist ein Stickgrund zu entwickeln, der derartigen Temperaturbelastungen standhalten muss. Weiterhin muss der Lötprozess entsprechend der aktuellen Gesetzgebung mit bleifreien Lotpasten realisierbar sein.
Lösungsweg
Die neuentwickelten webtechnisch erzeugten Stickgründe besitzen eine regelmäßige Oberflächenstruktur mit Fadenverkreuzungen in Köper- oder Leinwandbindung. Die statische und bleibende Dehnung darf maximal 2 Prozent betragen, um die geforderten Dimensionsgenauigkeiten zu erzielen. Als Fadenmaterial kommen Polyesterfasergarn oder Polyestermultifilamentgarn mit höchstmöglicher Temperaturstabilisierung zum Einsatz. Die Fadenrasterfeinheit in Kett- und Schussrichtung beträgt 18...60 Fäden/cm. Die Flächenmasse der Gewebe sollte so hoch wie möglich sein. Eine mehrmalige Waschbarkeit der Gewebe mit aufgestickten Leiterbahnstrukturen ist bei 30 °C bis 40 °C gegeben.
Der verstickbare und löttechnisch kontaktierbare elektrisch leitfähige ELITEX®-Faden PA/Ag 110dtex/f34x2 ist für die Realisierung von Leiterbahnen besonders gut geeignet, so dass mit diesem Fadenmaterial die meisten Stickversuche durchgeführt wurden.
Um die Stickgenauigkeiten zu bestimmen, wurde ein spezielles Musterlayout entworfen. Dieses Layout stellt die Anschlüsse eines quadratischen elektronischen Schaltkreises der Bauform PLCC20 mit einem Abstand der Bauelementeanschlüsse von 1,27 mm dar. Die Vermessung der Abstände der aufgestickten Leiterbahnen erfolgte mit einem Digitalmikroskop Keyence VHX-500FD.
Zur Einhaltung der gestellten Anforderungen sind folgende Maßnahmen zielführend:
Im Projekt wurde aufgezeigt, dass der komplette Bestückungs- und Kontaktierungsprozess effektiv erfolgen kann. Dies erfolgte an der im TITV verfügbaren Legemaschine TCWM TRIPPLE-QUATTRO.
Dieser Prozess umfasst folgende Hauptarbeitsschritte:
Die Versuche zur löttechnischen Kontaktierung elektronischer Bauelemente und zur Ermittlung des Schrumpfverhaltens bzw. der thermischen Stabilität der entwickelten Stickgründe und der leitfähigen Fadenmaterialien wurden in einem kleinen kompakten Batch-Reflowlötofen im TITV Greiz durchgeführt. Dieser Reflowofen ist für solche Untersuchungen gut geeignet.
Noch bessere Lötergebnisse wurden auf größeren industriellen Lötanlagen erzielt, die eine kontinuierliche Fertigung ermöglichen.
Anwendung/Einsatzmöglichkeiten
Als Demonstrator wurde eine textile adressierbare Temperatursensorik auf dem entwickelten Stickgrund hergestellt. Die Schaltung auf der Basis eines Bussystems ist beispielhaft für eine Vielzahl weiterer Anwendungen. Bussysteme sind ideal für die Integration elektronischer Bauelemente auf textilen Trägermaterialien geeignet, weil hier nur wenige Leiterbahnen erforderlich sind. Es können sogar verschiedene Sensoren auf textile Flächen integriert und mit einer gemeinsamen Datenleitung abgefragt werden.
Weitere Beispiele für adressierbare elektronische Bauelemente, die über gemeinsame Bussysteme angesteuert werden können, sind u.a.:
Die Hauptanwendungsgebiete textilbasierter elektronischer Schaltungen liegen in den Bereichen Gesundheit, Automobil, Schutzkleidung, Heimtextilien und Kommunikation.
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Frank Thurner